Best Practice INQA: Fahrtwind für den Fortschritt – velo center

Ralf Ems (RZ.Nord), Oliver Bathke (veloCenter), Victor Rochow (INQA-Coaching) und Fiete Mikschl (KielRegion GmbH) (v.l.n.r.)

In Kiel betreiben Oliver Bathke und Philipp Mikloweit das veloCenter. Um ihre Unternehmensführung und Digitalisierung zu optimieren, haben die Fahrradexperten ein mehrgleisiges Coaching durchlaufen. Viele Akteure konnten zu diesem Erfolg beitragen und berichten von der gelungenen Zusammenarbeit.

Seit zwanzig Jahren ist Philipp Mikloweit im Radbereich aktiv. Ausgebildet in einem Kieler Fahrradgeschäft, arbeitete er anschließend rund zehn Jahre im veloCenter, ehe er es 2016 mit seinem Kollegen Oliver Bathke übernahm. 2020 zogen sie vom Knooper Weg in größere Räume in den Eichkamp um. „Wir haben schnell gemerkt, dass unsere Fläche für unser neues Kunden- und Servicekonzept zu klein wurde“, sagt Mikloweit.

Das vollumfängliche Konzept zieht Kunden an: Räder werden ansprechend präsentiert, Beratungen gibt es nach vorherigem Fragebogen mit Termin. Mikloweit beschreibt den Prozess: „Wir bereiten uns intensiv auf jeden Kunden vor, damit Räder in passender Größe bereitstehen. Kommt ein Kunde zum Termin, messen wir dann Arme, Beine, Oberkörper und den Sitzknochenabstand aus, um das passende Rad zu finden.“ Die Werkstatt ist groß, sechs ergonomische Arbeitsplätze stehen hier zur Verfügung. Sogar E-Bikes werden hier auf Vordermann gebracht. „Statt fünf Mitarbeiter*innen beschäftigen wir heute 18 Angestellte“, sagt der Inhaber. Bei dieser rasanten Teamentwicklung brauchte es eine neue Rollen- und Aufgabenverteilung und andere Führungslinien. „Unsere Herangehensweise passte nicht mehr für ein großes Team, also haben wir uns für ein Coaching entschieden“, sagt Mikloweit. In Zeiten des Fachkräftemangels eine zukunftsweisende Entscheidung für das Personalmanagement.

Der Coachingstart

Im Sommer 2022 wurden die Unternehmer fündig: Über ein Gesuch bei Fiete Mikschl, Vermittler der KielRegion GmbH für das Bundesprogramm unternehmensWert:Mensch, kam Hilfe durch die RQP GmbH, einem norddeutschen Netzwerk zertifizierter Berater für Familienunternehmen. „Ich unterstütze Unternehmen bei der Antragstellung und helfe bei der Suche nach einem zertifizierten Berater“, erklärt Fiete Mikschl. „Da eine Beratung bis zu 14.400 Euro kostet, ist die Förderung von 80 Prozent aus Bundes- und ESF-Mitteln ein echtes Plus.“

Der Organisationsentwickler Victor Rochow übernahm die Beratung. Seit mehr als zwanzig Jahren ist Rochow selbstständiger Berater in Sachen Führung und Organisationsentwicklung. Jedwede Branche und Firmengröße, von Medizinkonzernen und den kleinen Einzelhandel, finde bei ihm eine Lösung, sagt er. Dass er seit zehn Jahren auch noch an der Fachhochschule Kiel als Dozent aktiv ist, bereichere seine Expertise zusätzlich.

„Unsere Problempunkte kamen mit Victor sehr schnell auf den Tisch: Unsere Zusammenarbeit sollte besser werden, wir brauchten mehr Übersicht über unsere Tätigkeiten und den Bearbeitungsstatus eines Auftrags, das generelle Auftragsmanagement musste überarbeitet werden und wir wollten dafür sorgen, dass alle Teammitglieder mit wenig Stress arbeiten können“, bestätigt Mikloweit. Ein Kick-off mit allen Teammitgliedern brachte den Prozess ins Rollen. Einzelgespräche mit den Inhabern ergänzten die Mitarbeitergespräche und Coachings in Arbeitsgruppen zu einzelnen Themenbereichen. Victor Rochow fasst zusammen: „Zentral waren die Themen Führung, Personalmanagement, Wissensvermittlung und Kompetenzen. Führung ist ein zu lernendes Handwerk. Sie teilt sich auf in drei Handlungsfelder: direct, das strategische Entscheiden, management, das aktive Handeln und Umsetzen von Entscheidungen, und lead, die Personalentwicklung und -leitung.“ Für eine leitende Person sei dies meistens nicht machbar, daher teile man nach Kompetenzen auf. „Für den kleinen Mittelstand machen die Inhaber oft alle, obwohl ihre Stärken an anderer Stelle liegen. Hier müssen wir ein professionelles Rollenverständnis klären.“ Auf dieser Basis entschieden sich Bathke und Mikloweit, eine Werkstattleitung und eine Teamleitung einzuführen, um Führungsaufgaben im Team zu verteilen.

INQA-Coaching nach der Pause

Nach rund sechs Monaten Coaching pausierte das veloCenter und startete 2023 mit dem INQA-Coaching, dem geschärften Nachfolgeprogramm von unternehmensWert:Mensch: INQA fördert agile Organisationsformen in Zusammenhang mit der Digitalisierung. „Das INQA-Coaching folgt einer agilen Methodik und soll das Kernteam eines Betriebs dabei unterstützen, die Organisation im Einklang mit digitalen Prozessen zu optimieren. Deswegen ist INQA verzahnt mit einer Beratung durch das Regionale Zukunftszentrum Nord. Diese Beratung ist ebenfalls gefördert durch Bundesmittel“, so Fiete Mikschl.

Eine Kombination, die für das veloCenter gut funktionierte: Victor Rochow stieg erneut ins Coaching ein und identifizierte mit dem veloCenter-Team, dass das Personalmanagement durch eine neue Software noch besser werden könnte. Hier kam das Regionale Zukunftszentrum Nord ins Spiel, das kleine und mittlere Unternehmen auf technischer Ebene bei der digitalen Transformation begleitet. In Schleswig-Holstein sind 6 Beraterinnen und Berater für diese Unternehmen aktiv, um sie wettbewerbsfähig zu halten und die Arbeitsbedingungen der Mitarbeitenden mit Hilfe von Zukunftstechnologien zu verbessern.

Technische Analyse mit RZ.Nord

Rochow kontaktierte Ralf Ems aus dem RZ.Nord-Team an der Akademie für Technik GmbH und holte ihn an Bord des Prozesses. „Meist kläre ich für Unternehmen technische Fragen, analysiere und visualisiere Softwarelösungen und ihre Zusammenhänge für das Unternehmen“, beschreibt Ralf Ems seine Tätigkeit. „Ich empfahl dem veloCenter, eine Personalplanungssoftware einzuführen und so den Einsatz und das Controlling der Mitarbeiter zu optimieren und transparenter zu machen.“ Einen Pool an DSGVO-konformen und preislich passenden Optionen überließ er Bathke und Mikloweit, die sich anschließend eigenständig für eine Lösung entschieden.

Im weiterführenden Coachingprozess konnten die Unternehmer ihre Führung im Kontext des neuen Tools betrachten. „Uns halfen die Schleifen im Coachingprozess“, sagt Philipp Mikloweit. „Von der Erstberatung über den Kickoff und die Pause bis zur Toolanalyse konnten wir Schritt für Schritt gewinnbringend planen und dann umsetzen.“ Das gewählte Tool steht aktuell in den Startlöchern, so der Unternehmer weiter. „Im Team haben wir eine Altersspanne von 20 bis 60 und verschiedene Erfahrungswerte im Umgang mit unseren digitalen Systemen wie der Terminbuchung, der Buchhaltung und unserem Warenwirtschafssystem. Daher wollen wir das neue Managementtool und die geplante Wissensdatenbank langsam etablieren.“

Zum 31. Mai 2024 endete das gesamte Coachingprogramm, das veloCenter ist wieder auf sich gestellt. Victor Rochow fasst zusammen: „Mit jeder Beratung wurden die Gespräche fokussierter, wir kamen schnell zu klaren Zielen. Ich finde es großartig, dass das Team bereit ist, Veränderung zu leben und keine Furcht davor hat, dass es während der Umstellung auch mal ruckelt. Das veloCenter hat bewiesen, wie selbstreflektiert ein Betrieb sein muss, um sich modern und zukunftssicher aufzustellen.“ Hin zur Selbstwirksamkeit, das ist es, was sich Rochow zum Abschluss seiner Beratungen wünscht. „Hört ein Unternehmen am Ende auf den eigenen, nämlich den inneren Berater, dann habe ich einen guten Job gemacht.“

Einstimmiges Feedback: Ein Erfolg

Dieser gezielte „Blick von außen“ war wertvoll, sagt Philipp Mikloweit. „Wir können uns vorstellen, in Zukunft noch einmal ein niederschwelliges Coaching in Anspruch zu nehmen, zum Beispiel einmal monatlich. Blinde Flecken können wir nur so sichtbar machen.“ Wer als Betrieb ein Coaching durchlaufen möchte, sollte mit dem Willen der Veränderung starten, so Mikloweit. „Unsere Branche verändert sich schnell, wie auch viele andere. Deswegen muss man sich selbst reflektieren können und dann weiterentwickeln wollen.“

Ems und Rochow stimmen einig zu: Es brauche Zeit, den Willen zur Veränderung, Offenheit, Transparenz und mitarbeiterzentriertes Denken, um ein Coaching ernsthaft anzugehen. „Und, ganz wichtig“, ergänzt Rochow, „das alles muss freiwillig geschehen. Wenn ein Unternehmer das schafft, dann steht dem Erfolg nichts im Weg.“

Für alle beteiligten Institutionen und Experten war es der erste Gesamtdurchlauf in der Verzahnung von KielRegion, INQA-Coaching und RZ.Nord. Eine erfolgreiche Zusammenarbeit, wie die Akteure abschließend befinden: „Das veloCenter konnte Abläufe optimieren, die Motivation des Teams steigern und kann sich jetzt gut für die nächsten Schritte ausrichten“, sagt Ralf Ems. „Weil unser Programm auf so vielen Ebenen passt, würde ich sofort einen weiteren Prozess betreuen.“ Eine neue Zusammenarbeit stehe in Rendsburg bereits in Aussicht, verrät Ems.

„Es gibt wirklich viele Angebote, die zu wenig bekannt sind“, sagt Philipp Mikloweit, der jetzt mit seinem Team das Gelernte umsetzen wird. „Schon bei unserer Übernahme haben wir sehr gute Erfahrung mit einer solchen Begleitung gemacht, dann mit Victor und Ralf und Fiete – alles war stimmig. Zwar könnte die Beantragung der Förderung leichter sein, aber auch da wurden wir sehr gut unterstützt.“ Die Bundesförderung sei ein toller Bonuspunkt gewesen, aber auch ohne finanzielle Entlastung würde sich das veloCenter immer wieder für ein Coaching entscheiden.

INQA-Coaching

Das INQA-Coaching der Initiative Neue Qualität der Arbeit unterstützt kleine und mittelständische Unternehmen bei der Entwicklung nachhaltiger Organisationsformen im Zuge des digitalen Wandels mit Hilfe eines professionellen Coaches. Dabei stehen die Beschäftigten im Mittelpunkt. Die Kosten des Coachings werden mit 80% von BMAS und ESF Plus bezuschusst. Fiete Mikschl ist Ansprechpartner für das Programm in der KielRegion und Neumünster.

Fiete Mikschl
INQA-Coaching-Beratungsstelle (IBS)

Haßstraße 3-5
24103 Kiel

Regionales Zukunftszentrum Nord (RZ.Nord)

Das Verbundprojekt Regionales Zukunftszentrum Nord (RZ.Nord) im Rahmen des Programms „Zukunftszentren“ wird in Niedersachsen, Bremen, Hamburg und Schleswig-Holstein von 13 Konsortialpartnern umgesetzt und durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und die Europäische Union über den Europäischen Sozialfonds Plus (ESF Plus) gefördert. In Schleswig-Holstein sind die Partner Arbeit und Leben SH e.V., die Akademie für Technik GmbH und das FuE Zentrum der FH Kiel GmbH beteiligt. Das Projekt unterstützt KMU individuell bei der digitalen Transformation und beim Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Unternehmen. Bis zu 80 Stunden Beratung sind kostenfrei möglich. Darüber hinaus werden bedarfsorientierte Weiterbildungsangebote entwickelt, um die Mitarbeitenden für die digitale Arbeit fit zu machen. Das Team steht im RZ.Nord immer im Mittelpunkt, denn ohne dessen Mithilfe kann der Transformationsprozess nicht nachhaltig gelingen.

Victor Rochow

Mit der Rochow-Prozessberatung ist Victor Rochow seit 25 Jahren selbstständig. Mit einem breit aufgestellten Methodenkoffer und als zertifizierter INQA-Coach ist er idealer Ansprechpartner für Unternehmen jeder Größe, die Veränderung anstreben und ihre Führung und Organisationsabläufe optimieren wollen. Im Herbst startet ein neues Führungskräfteseminar. Die Seminarreihe schaut sehr grundsätzlich auf Führung und reicht weit über ein bloßes Methodenlernen hinaus. Heutzutage ist der Erfolg eines Unternehmens eng mit dem Werte- und Sinnerleben der Mitarbeitenden und der Führungskräfte verknüpft.